In deutschen Landen hat der
Karneval eine lange und regional unterschiedliche Tradition. Der bekannteste
Karneval dürfte wohl der Kölner Karneval mit seinen öffentlichen Straßenumzügen
wie dem Schull- und Veedelszöch sein. Höhepunkt ist natürlich der Rosenmontag
mit dem großen Rosenmontagszug.
Das Karnevalstreiben gab es
schon im Mittelalter. Ursprünglich war es eine Art närrisches Winteraustreiben
kurz vor dem Frühling. Die Fastnacht beispielweise ging aber auch auf die
christliche Fastenzeit vor dem Osterfest zurück. Die luthersche Reformation
stellte die vorösterliche Fastenzeit in Frage, womit die Fastnacht ihre
Bedeutung verlor. Der Karneval galt grundsätzlich schon damals als exzessiv und
schwer zu steuern, weshalb der Obrigkeit dieses Treiben äußerst suspekt
erschien. Sicher hatten die Machthaber auch zu damaliger Zeit schon Angst
davor, dass ein solches Treiben irgendwann so weit gehen könnte, dass es ihre
Macht in Frage stellt.
Deshalb wurden schon zwischen
dem 14. und 17. Jahrhundert immer wieder Karnevalsumzüge von der Obrigkeit
verboten und als „Mummenschanz“ oder „heidnische Tobung“ inkriminiert. Infolge
der französischen Revolution und dem Einmarsch von Napoleons Truppen wurden
Karnevalsumzüge erst recht verboten oder aufgelöst. 1804 wurde der Karneval
zwar wieder erlaubt, galt aber als rüpelhaft und wurde weiterhin mit Skepsis
betrachtet. Zu dieser Zeit tauchte der allseits bekannte Ruf „Kölle Alaaf“ als
Toast-Ruf für den späteren König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen während
seines Besuches in Köln auf.
Leider typisch für deutsches
Obrigkeitsdenken: Das Bürgertum feierte zwar heimlich hinter verschlossenen
Türen nach wie vor närrische Maskenbälle, aber der Straßenkarneval war nahezu
ausgestorben. Erst acht Jahre nach dem Abzug der Franzosen wurde der Kölner
Karneval 1823 mit der Gründung des „Festordnenden Comitees“ neu organisiert und
auch neu interpretiert, nämlich als Kritik an der (fremden) Obrigkeit, als „kulturpolitischer
Streich mit humoristischem Ambiente“. Ähnlich wie früher sich nur der Hofnarr
über den König lustig machen durfte, ohne dafür sein Leben zu verlieren,
wollten die Bürger nun die närrische Jahreszeit dafür nutzen, sich ungestraft
über die Obrigkeit lustig zu machen.
Was von diesem gut gemeinten
Gedanken heute noch übrig geblieben ist, davon kann sich jeder selbst ein Bild
machen, der sich die heutigen Umzüge und Büttenreden anschaut. Wirklich
politische, nicht-obrigkeitshörige Büttenredner gibt es leider kaum noch. Der
tiefgehende politische Witz, der von den Machthabern früher gefürchtet war,
verflacht zusehends in der politischen Korrektheit der umerzogenen Anpassung.
Seit Jahren gleichen sich die Bilder aus Köln, Düsseldorf, Mainz und anderswo:
Es geht zu wie auf Malle, alles ist nur noch eine großen Party. Es ist nicht
mehr viel, was den Karneval noch von allen anderen Exzessen der
bundesrepublikanischen Spaßgesellschaft unterscheidet. Und das ist echt schade,
denn hier geht eine alte Tradition vor die Hunde.
Wo bleibt die Kritik an der
(fremden) Obrigkeit, wenn der Rosenmontagszug 1991 wegen des Beginns des
zweiten Golfkrieges abgesagt wird? Die Amis haben diesen Krieg vom Zaun
gebrochen und ihre Vasallen in Bonn haben tapfer zugeschaut. Gerade da hätten
wir einen besonders bissigen Rosenmontagszug gebraucht!
Und wo bleibt die Kritik an
der (fremden) Obrigkeit, wenn ein „Charlie-Hebdo-Wagen“ im Zug mitfährt? Das
ist doch duckmäuserisches Herumpolitisieren ganz im Sinne der westlichen
Machtelite, nichts anderes. Und dann noch dieses bürgerliche Hin- und Her: Erst
den geplanten Wagen zurückziehen, dann doch irgendwie reinschmuggeln. Keine
klare Haltung gegenüber der (fremden) Obrigkeit…
Dabei hat sich ja seit dem
Einmarsch Napoleons eigentlich nichts geändert. Wir stehen wieder einmal – wie
so oft in unserer Geschichte – unter der Knute einer fremden, US-amerikanischen
Obrigkeit, denen unsere fremdgesteuerten Politiker ergebenst zu Füßen liegen. Und
wir haben auch schon fast wieder Verhältnisse wie im Mittelalter erreicht, wo ernsthafte
Kritik an der Obrigkeit nur noch im Narrenkostüm geübt werden kann, wenn man
nicht durch die staatlichen Sicherheitsbehörden erfasst, verfolgt und mundtot
gemacht werden will.
Und Verbote gibt es im
Karneval neuerdings auch schon wieder. In Braunschweig nämlich, wo der
traditionelle Umzug am gestrigen Karnevalssonntag „abgesagt“ worden war, weil
die Obrigkeit das mit einem „Totschlag-Argument“ mehr oder minder erzwungen
hat, was einem Verbot faktisch gleich kommt. Angeblich sei aus „sicheren
Staatsschutzquellen“ bekannt geworden, dass Anschläge auf den Umzug geplant gewesen
seien. Natürlich von Islamisten, wie die Obrigkeit gerne behauptet. Belegen
kann sie es aber nicht. Was „sichere Staatsschutzquellen“ sind, das bleibt
ebenso offen wie das, was da genau bekannt wurde. Hinter solchen „Staatsschutz“-Verklausulierungen
könnten auch sehr gut fingierte Anschlagdrohungen von CIA & Co. stecken, um
weiter Panik zu schüren.
Aber auch hier ist der
Karneval leider schon weit entfernt von der Kritik an der (fremden) Obrigkeit.
Man knickt lieber ein und läßt sich gängeln, wie einst von den Franzosen oder
den Machthabern aus Rom. In diesem Sinne: Helau und Alaaf, wir Deutschen sind
mal wieder im Arsch…
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